Eine Wohnung mieten in San Francisco
Wohnen in San Francisco ist sehr teuer. Der Median Kaufpreis für ein Einfamilienhaus beträgt derzeit $1,7 Mio. (Juli 2019). Natürlich sind die meisten Löhne hier auch entsprechend höher (Mindestlohn $15.59/Stunde), aber es ist erstmal ein ziemlicher Schock, wenn man hier ankommt und mit der Tatsache konfrontiert wird, dass man für die Miete einer Wohnung hier 2-3 mal soviel bezahlt wie in Stockholm oder Hamburg (und der Standard dennoch niedriger ist. Und die Wohnung ist ja nicht der einzige hohe Kostenpunkt. Kinderbetreuung kann soviel wie die Wohnung kosten.)
Wie findet man überhaupt eine Wohnung, und worauf sollte man achten?
Wohnungen findet man üblicherweise auf craigslist.com, zillow.com oder trulia.com, manche Leute suchen auch in sozialen Netzwerken und haben Glück (facebook, nextdoor – bei Nextdoor kann man sich erst anmelden, wenn man zumindest eine temporäre Adresse hat, da sie diese verifizieren.). Die Wohnungen auf Craigslist sind meiner Meinung nach etwas günstiger, Trulia bietet dafür die bessere “User Experience”, mit einer Fülle an Informationen zu Nachbarschaft, oft mehr und bessere Fotos und wirkt insgesamt etwas seriöser. Die meisten Wohnungen, die hier inseriert werden, werden eher kurzfristig frei, d.h. es macht nicht soviel Sinn, Monate im Vorraus zu suchen, außer natürlich um dem Markt im Blick zu behalten. (Und sicher findet man auch hin und wieder Wohnungen, die erst nach ein paar Monaten frei werden.)
Schnelligkeit ist meiner Meinung nach wichtig, aber das gilt ja für die meisten Orte mit angespannten Wohnungsmarkt. Die guten Wohnungen sind schnell weg, d.h. die Besichtigung einer vielversprechenden Wohnung sollte man so schnell wie möglich arrangieren. Wenn man interessiert ist, sollte man das auch möglichst schnell kommunizieren. Meist muss man sich bewerben – pro erwachsener Bewohner eine Bewerbung und ggf. auch eine Bewerbungsgebühr – bei der man Gehalt und Social Security Nummer angiebt, damit die Vermieter/Hausverwaltung eine Prüfung des Strafregisters durchführen kann. Am besten versucht man mit der Person, die die Führung macht, in ein lockeres Gespräch zu kommen um in positiver Erinnerung zu bleiben. Nachdem man die Bewerbung abgeschickt hat kann es sich vielleicht auch lohnen eine persönliche Email hinterherschicken, oder nach einem Tag anzurufen um nachzufragen, evtl. landet dann die Bewerbung weiter oben. Meine Vermutung ist außerdem, dass es sehr von Vorteil ist, wenn man wirklich an dem Datum einziehen kann (bzw. den Mietvertrag abschließt) an dem die Wohnung frei ist, und dies sehr deutlich macht. Denn die wenigsten Vermieter wollen ihre Wohnung zwei Wochen oder einen Monat leer stehen lassen, allerdings wollen oder können auch wenige Mieter spontan einziehen, da dies bei einer üblichen Kündigungsfrist von 30 Tage doppelte Miete bedeutet. Bevor man ernsthaft mit der Wohnungssuche beginnt sollte man eine Social Security Nummer haben, amerikanisches Bankkonto und einen amerikanischen Arbeitgeber/Arbeitsvertrag. Je mehr Referenzen man hier hat (Arbeitgeber, eingegange Monatslöhne, vorangegangene Mietverhältnisse) desto besser, aber in unserem Fall hatten wir außer den drei oben genannten Dingen nichts, und es hat trotzdem geklappt. Wir haben einige Fragen auf dem Bewerbungsformular nicht ausfüllen können (Vorherige Vermieter, Gehaltshistorie usw.), dafür aber eine Art Bewerbungsanschreiben beigelegt, in dem wir unsere Eignung als zuverlässige Mieter (und Liquidität) hervorgehoben haben. Man muss in der Lage sein die nötige Kaution (2 Monatsmieten) und die erste Miete im Vorraus per Check bei Einzug auf den Tisch zu legen (bei einer Miete von $3000-5000 muss man also $12000-15000 auf dem amerikanischen Konto haben! Das Konto zu bekommen ist übrigens ein Kapitel für sich). Bargeld wurde zumindest von unserer Hausverwaltung nicht akzeptiert (vielleicht ist das bei kleinen, privaten Vermietern anders), daher ist ein amerikanisches Konto unumgänglich um die nötigen Checks ausstellen zu können.
Welche Aspekte bei der Wahl des Stadtteils sollte man bedenken?
- Anbindung an öffentlichen Nahverkehr, falls dieser genutzt wird. Wenn man nicht gerade an einer direkten Schnellbuslinie oder BART wohnt kann die Fahr zum Ziel ziemlich lang dauern. Für amerikanische Verhältnisse ist der ÖPNV sehr gut ausgebaut, aus mitteleuropäischer Perspektive ist er es nicht, und er ist auch nicht sehr zuverlässig. Für eine Strecke von 6km braucht man teilweise 50min mit MUNI (wenn der Bus überhaupt kommt. Und auf Schätzungen der Fahrt durch google maps kann man vor allem während der Rush Hour 50% Zeit draufschlagen). Wir wohnten für zwei Wochen in Bayview, was eine direkte MUNI-Tramlinie in die Innenstadt hat, welche ca. 7km entfernt ist. Die Fahrt Downtown dauerte teilweise 50 Minuten, zusätzlich war die Tram aber auch sehr unzuverlässig. Wenn man zu einer bestimmten Uhrzeit an seinem Ziel sein musste, musste man daher einen großzügigen Puffer einbauen. Pendeln in oder von der East Bay ist teuer, ca. $200 (da kein Verkehrsverbund), und meine Erfahrung mit der BART war, dass diese auch nicht sehr zuverlässig ist, außerdem oft sehr voll (nicht nur zu Stoßzeiten.)
-Parkmöglichkeiten im Haus, oder auf der Straße (falls Auto vorhanden ist). Parken auf der Straße ist in weniger zentralen Stadtteilen manchmal kostenlos oder recht günstig für Bewohner ( $144/Jahr), in zentraleren Stadtteilen (Downtown, Mission) kann es schnell sehr teuer werden. Allerdings, selbst wenn man auf der Straße gut parken kann, haben manche Stadtteile oder Straßenzüge eine sehr angespannte Parksituation. Außerdem muss man sein Auto regelmäßig umparken – offiziell spätestens nach 72h –aber auch wenn die Straße gereinigt wird. Das kann je nach Straßenzug auch mehrfach die Woche sein. Außerdem besteht beim Parken auf der Straße immer die Gefahr, dass die Scheiben eingeschlagen werden. Ein Stellplatz in der Garage kann $200-350 kosten.
-Fahrradfreundlichkeit: Wie bergig is der Stadtteil, gibt es Fahrradwege? Wo kann man sein Fahrrad abstellen? Auf dem Gehsteig sind kaum geparkte Fahrräder zu sehen; Mehrfamilienhäuser haben selten gemeinsam genutzte Fahrradabstellmöglichkeiten. Da der Großteil der Stadt aus Ein- oder Zweifamilienhäusern mit Garage besteht und allgemein weniger Fahrrad gefahren wird, scheint Fahrradparken kein großes Thema zu sein. Wir wohnen allerdings in einer Wohnung ohne Abstellmöglichkeiten fürs Fahrrad, und nehmen diese daher mit in die Wohnung (im Alltag ziemlich unpraktisch und nimmt auch viel Platz weg.) Auch vor öffentlichen Gebäuden sieht man nur wenige verwaiste Fahrradständer, das Fahrrad ist hier einfach nicht so präsent wie in vielen Mittel- und Nordeuropäischen Städten.
-Atmosphäre in der Nachbarschaft: Wie gepflegt sind die öffentlichen Plätze und Straßen, und auch die Gebäude? Sind alle Eingänge vergittert? Gibt es viel Obdachlosigkeit? (trauriger Fact: In San Francisco gibt es ungefähr 7500 Obdachlose, Stand Juli 2019).
-Wenn man Kinder (oder Hunde) hat: Gibt es Spielplätze und Parks in der Nähe, wie ist deren Qualität?
Bei Babys oder Kleinkindern: Gibt es Daycares im Stadtteil? Wir haben festgestellt, dass es in Pacific Heights, wo wir wohnen, kaum Daycares gibt, d.h. entweder muss man dann zur Daycare in einen anderen Stadtteil “pendeln”, oder man beschäftigt eine Nanny stattdessen (welche natürlich deutlich teurer ist). Da die Qualität der Kinderbetreuung sehr unterschiedlich ist, lohnt es sich vielleicht tatsächlich in die Nähe der Kinderbetreuung zu ziehen, oder Kinderbetreuung in der Nähe des Arbeitsplatzes zu suchen.
Bei Schulkindern: Gibt es gute (öffentliche) Schulen in der Nähe?
Fun Fact: Auf Trulia können Bewohner die Hundefreundlichkeit der Nachbarschaft bewerten, aber komischerweise nicht die Kinderfreundlichkeit. In San Francisco gibt es ca. 120.000 Hunde – mehr als Kinder unter 10 (90.300)! Auf den Straßen sieht man mehr Hundebesitzer, die ihren Hund Gassi führen als Leute mit Kinderwägen. Trotzdem sieht man kaum die Hinterlassenschaften der Hunde, da diese sehr vorbildlich aufgesammelt werden. Hunde in San Francisco sind meist freundlich, aber schlecht erzogen. Für die Besitzer scheint der Hund oft ein (günstigerer) Kinderersatz zu sein.
Hier eine Liste von empfehlenswerten Stadtteilen (sehr subjektiv):
-Familienfreundlich, da viele Parks, Spielplätze, eine hohe Dichte an “In-home”-Daycares und verhältnismäßig günstig:
Richmond, Sunset, Sunnyside, Forest Hill. Bernal Heights ist auch sehr familienfreundlich, aber etwas schlechter angebunden. Noe Valley ist auch toll für Familien, wenn sie es sich leisten können.
-Gute Verkehrsanbindung und viel los: The Mission (hier auch Anbindung an BART), Castro, Noe Valley
-Nahe Downtown und Freeways, aber etwas isoliert von anderen Stadtteilen und wenige Grünflächen: Potrero Hill
-Idyllisch, nähe zu Golden Gate Park und anderen kleinen Parks, recht gut verkehrstechnisch angebunden und im Tal: Cole Valley, Ashbury Heights
-viele Parks, Zugang zu Stränden, aber etwas weiter weg von Freeways, BART und der “Peninsula” (Silicon Valley): Pacific Heights
-Gute Anbindung zur Peninsula, einige Parks, BART Haltestelle, viele Einfamilienhäuser: Glen Park
Weniger Empfehlenswert: Tenderloin (sehr viele Obdachlose, laut, runtergekommen); Bayview: kaum Grünflächen, fast alle Eingänge und Fenster vergittert, schlechte Verkehrsanbindung trotz MUNI-Tram, wenig “Flair”
Bei der Wohnungsbesichtigung können folgende Aspekte interessant sein:
- Welche Art der Heizung? San Francisco hat ein mildes Klima, aber in den Wohnungen kann es aufgrund schlechter Isolierung sehr kalt werden, ein funktionierendes Heizsystem erhöht den Komfort enorm.) Strombetriebene Heizkörper, strombetriebene, in Wände eingebäude Heizlüfter, die sehr laut sind und den Raum kaum aufheizen, Fußbodenheizung, in Wände eingebaute oder freistehende gasbetriebene Lüftung, Kamin? Strombetriebene Heizungen sind sehr teuer und haben oft wenig Nutzerkomfort, zu bevorzugen sind Heizung über eingebaute Lüftung oder Fußbodenheizung.
- Wie ist das Raumklima allgemein in der Wohnung, müffelt es feucht (Schimmel)? Hier sollte man auch einen Blick in die Schränke der Küche werfen und insbesondere unter die Spüle.
- Gibt es Waschmaschine/Trockner in der Wohnung, oder zumindest im Haus? Viele Wohnungen haben hier weder das eine noch das andere, so dass man auf einen Waschsalon oder Wäscheservice engewiesen ist.
-Spülmaschine ist selbst in teuren Wohnungen nicht immer selbstverständlich.
-Welche Nebenkosten sind bereits in der Kaltmiete enthalten? (Manchmal ist gemeinsamer Strom und Wasser sowie Müll enthalten, manchmal nicht)
-Wie ist der Lärmpegel in der Wohnung, von außen und von Nachbarwohnungen nebenan und oben drüber? Schallisolierung ist oft schlecht, auch die Fenster halten kaum Lärm von der Straße fern. In vielen Mehrfamilienhäusern gilt die 80%-Area Rug-Regel: Man verpflichtet sich als Mieter 80% Teppich in der Wohnung zu verlegen um den Trittschall für die Nachbarn zu minimieren. Wie man 80% definiert (dort wo man geht, oder die komplette Fläche zu 80%?) ist wohl Interpretationssache und lässt sicher etwas Spielraum, wenn man Rücksicht nimmt (keine Schuhe in der Wohnung, sanfter auftreten, etc.) Unsere Hausverwaltung wollte tatsächlich zwei Wochen nach Einzug Fotos von den Teppichen sehen (welche wir zu dem Zeitpunkt noch nicht hatten.), und unsere Nachbarin sprach uns auch direkt an, ob wir denn bereits die Teppiche ausgelegt haben.
-Ist die Wohnung erdbebensicher? Vor allem bei gemauerten Gebäuden sollte man nachhaken. Ob die Nachbarschaft bei Erdbeben besonders gefährdet ist kann man auf dieser Karte nachschauen.
-Ist die Wohnung “rent controlled”? “Rent controlled” sind Wohnungen in Gebäuden, die vor 1979 gebaut wurden und nicht Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen (Condominiums) sind; hier darf die Miete pro Monat pro Jahr nur geringfügig erhöht werden (Inflationsrate). Ist die Wohnung nicht rent controlled, darf die Miete zum nächsten Monat beliebig erhöht werden. Bei Neubezug kann die Miete auch in rent controlled apartments beliebig erhöht werden, d.h. die finanziellen Vorteile einer solchen Wohnung ergeben sich für Bewohner die langfristig in der Wohnung bleiben.